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Junges DTF
zwei Männer und eine Frau sitzend an Holztischen auf dem Podium, am linken Bildrand spricht die DTF Vorstandsvorsitzende ins Mikrofon am Rednerpult, Quelle: DTF

Literatur 06.12.2019 /// 19:00 - 21:00 Uhr Literaturhaus Stuttgart Doğan Akhanlı: Madonnas letzter Traum

LITERATÜR 2019

In seinem neuesten Roman greift Akhanlı die Novelle "Madonna im Pelzmantel" des türkischen Dichters Sabahattin Ali auf und schreibt sie neu. Diese erzählt von einer im Berlin der 1920er Jahre stattfindenden Liebesbeziehung zwischen einem jungen türkischen Mann und einer jungen jüdischen Malerin, die bei der Geburt des gemeinsamen Kindes stirbt. Diese Novelle gilt als eines der bedeutendsten türkischen Prosawerke des 20. Jahrhunderts. Akhanlı macht Sabahattin Ali selbst in "Madonnas letzter Traum" zur Romanfigur. Auf seinem Weg ins Exil wird er 1948 von Angehörigen des türkischen Geheimdienstes getötet. Unmittelbar vor seinem Ableben gesteht er, Maria Puder sei in Wirklichkeit anders gestorben als in seiner Novelle. "Madonnas letzter Traum" ist der Versuch, die wahre Geschichte des Lebens und Todes von Maria Puder in der NS-Zeit zu entdecken.

So wird die Flucht von Maria Puder vor dem NS-Regime mit dem Schicksal des Flüchtlingsschiffs "Struma", dessen jüdische Passagiere 1942 im Hafen von Istanbul an der Weiterreise gehindert wurden, verknüpft. Auf einer anderen Erzählebene hat der namenlose Autor und Exilschriftsteller aus Köln den Auftrag, einen Essay über rassistische Gewalt zu schreiben. Die Aufgabe verkompliziert sich jedoch durch die Lektüre der Novelle von Sabahattin Ali und der Begegnung mit den Spuren der NS-Geschichte.

Moderation: Sibylle Thelen. Die deutschen Lesestellen werden von Stefan Wancura gelesen.

Der Autor

Doğan Akhanlı, 1957 in der Türkei geboren, hat zahlreiche Romane und ein Theaterstück verfasst. "Die Tage ohne Vater" (dt. 2016) und "Madonnas letzter Traum" (türk. 2005) wurden zu den wichtigsten Romanveröffentlichungen der Türkei gewählt. 2013 erhielt er den Pfarrer-Georg-Fritze Preis in Köln, 2018 den Europäischen Toleranzpreis in Österreich. Außerdem wurde er 2019 mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.

1991 musste er aus der Türkei fliehen und kam als politischer Flüchtling nach Deutschland. Seit 1992 lebt er in Köln. Sein Kernthema ist die Auseinandersetzung mit den Genoziden des 20. Jahrhunderts. Aufgrund seiner politischen Haltung war er mehrfach in der Türkei inhaftiert; zuletzt wurde er 2017 in Spanien aufgrund eines türkischen Haftbefehls festgenommen und schrieb darüber das Buch "Verhaftung in Granada" (2018).

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