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Junges DTF
Galatabrücke in Istanbul in den 1930er-Jahren und Portraitbild Trottnow, Quelle: DTF Stuttgart

100 Jahre Republik Türkei, Deutsch-Türkische Kultur- und Wissenschaftsgeschichte 12.06.2024 /// 19:30 - 21:00 Uhr Ev. Bildungszentrum Hospitalhof Eduard Zuckmayer – ein Musiker in der Türkei

Film und Gespräch mit Barbara Trottnow

Der 1890 geborene Pianist, Dirigent und Musikpädagoge Eduard Zuckmayer ist der in Deutschland wenig bekannte ältere Bruder des Schriftstellers Carl Zuckmayer. Nachdem die Nazis ihm Berufsverbot erteilt hatten, ging er 1936 in die Türkei, baute in Ankara die Musikausbildung auf und unterrichtete auf Wunsch von Atatürk westliche klassische Musik. Er blieb bis zu seinem Tod im Jahre 1972 in seiner neuen Heimat und genießt dort nicht nur unter Musikern einen geradezu legendären Ruf.

Der Film sucht nach den Spuren, die Eduard Zuckmayer in der Türkei hinterlassen hat und beleuchtet das Thema Migration einmal aus anderer Sicht. Die Dreharbeiten fanden 2015 an der Gazi Universität in Ankara statt, deren Musikinstitut Eduard Zuckmayer aufbaute und 32 Jahre leitete. Sein ehemaliges Arbeitszimmer wurde nahezu unverändert erhalten und ist ein Gedenkraum, in dem Noten, Bücher, aber auch persönliche Utensilien aufbewahrt werden. Zum Repertoire des Chors gehört weiter 'Dostluk', ein deutsches Lied, das ins Türkische übersetzt und von Zuckmayer einstudiert wurde. Er harmonisierte aber auch türkische Stücke für den mehrstimmigen Gesang und unterrichtete Klavier.

Im Film erzählen deutsche Zeitzeugen über das Leben in Ankara in den Jahren des Exils. Auch Edzard Reuter verbrachte seine Jugend dort. Er erinnert sich im Film an Eduard Zuckmayer und seine Konzerte und erläutert, welche Rolle die deutschen Emigranten damals in der neu gegründeten Republik spielten. Sie konnten in ihrem Beruf arbeiten und fanden Anerkennung, weil die Reformer in der Türkei Fachleute aus dem Ausland suchten.

Die Adoptivtochter von Eduard Zuckmayer blickt erstmals auf die Jahre in Ankara zurück. Michele Schenkirz zog 1938 mit ihrer Mutter zu ‚Zuck’ und erzählt, dass ihre Kindheit dort besser war als die der Kinder, die während des Krieges in Deutschland lebten. 1950 kehrte sie mit ihrer Mutter nach Deutschland zurück, Eduard Zuckmayer blieb in der Türkei. Das Musikinstitut an der Gazi Universität war sein ‚Kind’, das er nicht verlassen wollte, zumal ihm in Deutschland keine passende Stelle angeboten wurde. Im Film kommen auch ehemalige Studenten und Studentinnen von ihm zu Wort, die versuchen, in seiner Tradition weiterzuarbeiten und die Erinnerung an ihn wach zu halten. Dr. Erdoğan Okyay, Prof. Dr. Ali Uçan, Prof. Dr. Mahmut Sarı und Prof. Dr. Suna Çevik, die ein Projekt von MÜZED, dem Verband der türkischen Musiklehrer leitet, in dem Kinder in sozial schwachen Stadtteilen Musikunterricht erhalten. Sie merkt an, Eduard Zuckmayer habe immer gesagt, Musik müsse für alle zugänglich sein, sie sei genauso wichtig wie Lesen und Schreiben.

Barbara Trottnow, Quelle: Barbara Trottnow
Quelle: Barbara Trottnow

Barbara Trottnow: Filmemacherin, TV-Journalistin, Studium der Sozialwissenschaften an der Universität Göttingen, Schwerpunkt auf migrationspolitischen Themen aus der Türkei.