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Junges DTF
Eine Person steht am Pult und spricht zum stehenden Publikum, an den Wänden hängen Bilder, Quelle: DTF Stuttgart

Kunst 29.05.2003 /// 10:30 Uhr - 01.06.2003 /// 16:30 Uhr Linden-Museum Stuttgart Workshop: Karagöz - Türkisches Schattenspiel

Die Besonderheit des türkischen Schattentheaters erschließt sich gut über einen Vergleich mit seinem deutschen "Pendant" - dem Kasperletheater: Wie das Kasperletheater ist es nach seinem Helden, dem Karagöz, übersetzt Schwarzauge, benannt.

Er bildet zusammen mit seinem Nachbarn Hacivat die Kernfigurengruppe, um die sich weitere, stark typisierte Figuren und Handlungsversatzstücke reihen. Bei diesen handelt es sich um Repräsentanten der multi- und soziokulturellen türkischen Gesellschaft wie Jüd*innen, Araber*innen, Perser und Randgruppenvertreter vom Stotterer bis zum Opiumraucher.

Das Schattentheater richtet sich also keinenfalls nur an Kinder, sondern an die gesamte Familie.

Je gegensätzlicher die dargestellten Charaktere und Bildungsniveaus, desto mehr Möglichkeiten ergeben sich für Komik und Satire. Denn neben dem unterhaltenden Aspekt, der die Hauptrolle spielt, erfüllt das Karagöz auch eine gesellschaftskritische Funktion: Die Begrenztheit des Repertoires und der fest gefügte Stationenablauf des Spiels bieten den idealen Rahmen für die Aufnahme gegenwartsbezogener Kritik in verfremdeter - also zulässiger - Form. Traditionell wurde es an den Abenden des Ramadan aufgeführt, aber auch zu Beschneidungsfeiern.

Ein guter Karagözci ist ein Multitalent

Die Spielfiguren bestehen aus durchscheinender, bunt gefärbter Tierhaut, sie sind ca. 30 cm groß, zweiteilig und an einer Stelle durchbohrt. In diesem Loch befestigt der "Karagözci" ein ca. 40 cm langes Führungsstäbchen, mit dem er die Figuren bewegt. Dabei presst er die Figuren gegen eine straff gespannte, von hinten beleuchtete Leinwand, so dass die Farben durchscheinen und ein fast plastischer Eindruck entsteht. Ein guter Karagözci ist ein Multitalent: Er bewegt viele Figuren gleichzeitig, spricht sie mit verschiedenen Dialekten, kündigt den Auftritt mit Poltern an, begleitet Tanzauftritte mit Kastagnetten und die Prügelszenen mit Klatschen und Schreien. Der Ursprung dieser Kunst liegt wahrscheinlich in Ostasien. Im 16. Jahrhundert hat sie schließlich ihren Weg in die Türkei gefunden, wo sie sich bald zu einer Art Volksliteratur entwickelte.

Traditionelle Anfertigung der Figuren

Der Workshop beginnt mit einer Einführung in die Kunst des Karagöz, ist im Wesentlichen jedoch praktisch ausgerichtet. Die meiste Zeit wird dabei die traditionelle Anfertigung der Figuren beanspruchen. Hierbei wird die feine Kalbshaut zuerst auf weichem Lindenholuntergrund mit speziellen Messern behandelt. Anschließend werden die Figuren ausgeschnitten, gefärbt und zusammengesetzt. Zur Auswahl steht dabei die ganze Reihe der typischen Karagöz-Figuren. Weiterhin wird in die Spieltechnik des Karagöz eingeweiht, um schließlich selbst kreativ ein Karagöz-Spiel zu entwickeln. Vielleicht kann man dabei die Karagöz-Gesellschaft auf die deutschen Verhältnisse übertragen?