Der NSU-Prozess und seine Folgen
Rechtsextremistischer Terror in der Einwanderungsgesellschaft
Eine Anklageschrift auf 488 Seiten. Ermittlungsakten, die mehr als 600 Aktenordner füllen. Fünf Angeklagte und zig Verteidiger, Nebenkläger, Anwälte, Sachverständige, hunderte von Zeugen. Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München ist einer der größten Strafprozesse, die es in Deutschland bisher gegeben hat. Das Gericht hat die Schuld der Angeklagten zu klären. Doch die Erwartungen an die Justiz könnten kaum höher sein. Die Angehörigen der Opfer fordern Aufklärung der Anschläge und deren verschleppter Aufdeckung. Nicht nur sie, auch die Öffentlichkeit, besonders die türkeistämmige Bevölkerung, hofft auf die Aufarbeitung der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU.
Wo verlaufen die Grenzen der Justiz? Welche anderen Formen von Aufarbeitung sind notwendig? Wie sprechen deutsche und türkeistämmige Bürger über diesen Aufarbeitungsprozess? Auf welche Weise wirken sich die Morde und ihre Folgen sowie die Umtriebe von Rechtsextremisten auf das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft aus? Wie lassen sich Rechtsextremismus und Fremden- sowie Menschenfeindlichkeit grundsätzlich eindämmen?
Die Podiumsgäste
Der Rechtsanwalt Dr. Mehmet Daimagüler vertritt im NSU-Prozess zwei Opferfamilien als Nebenkläger. Er ist in Berlin als Wirtschaftsanwalt und Unternehmensberater tätig. 2011 erschien sein biografisch angelegtes Buch „Kein schönes Land in dieser Zeit“, in dem er sich kritisch mit der deutschen Integrationspolitik auseinandersetzt. In den neunziger Jahren saß er im FDP-Bundesvorstand.
Dr. Stefan Geiger, Politischer Korrespondent der Stuttgarter Zeitung, berichtet regelmäßig aus dem NSU-Prozess. Er hat seit den Stammheim-Prozessen viele wichtige Verfahren als Gerichtberichterstatter begleitet. Für seine sozialpolitischen Reportagen und gesellschaftskritischen Essays ist er mit bekannten Auszeichnungen wie dem Theodor-Wolff-Preis gewürdigt worden.
Prof. Dr. Kurt Möller ist Professor für Theorien und Konzepte Sozialer Arbeit an der Hochschule für Sozialwesen Esslingen. Er forscht seit vielen Jahren zu den Themenfeldern Rechtsextremismus, Menschenfeindlichkeit und Gewalt sowie Jugendkulturen und Jugendarbeit. In mehreren Projekten hat er die Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen von Rechtsextremismus, Gewalt und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit untersucht. Die Ergebnisse der neuesten Studie erscheinen 2014 im VS-Verlag.
Moderation: Sibylle Thelen, Landeszentrale für politische Bildung